Böhmische Adelsreisen im späten Mittelalter – ein Quellen- und Literaturbericht

In den letzten Januartagen des Jahres 1466 traf am Hof Herzog Philipps des Guten von Burgund in Brüssel eine illustre Reisegesellschaft ein: Der böhmische Adlige Leo von Rožmitál, Herr auf Blatná und Schwager König Georgs von Poděbrad, wurde samt einer etwa vierzigköpfigen Gefolgschaft standesgemäß empfangen und als Gast des Herzogs aufgenommen. Höhepunkt des mehr als zweiwöchigen Aufenthalts am Brüsseler Hof war ein zwei Tage dauerndes ritterliches Turnier, in dem Herr Leo und seine adligen Begleiter der staunenden Hofgesellschaft ihre Kunst zu Pferd „more bohemico“ präsentierten. Verwundert zeigten sich die Gastgeber auch, als ihnen Leo von Rožmitál bei einer anschließenden Einladung zum Bankett „auf behemisch“ zu essen gab._1

Der Hof Herzog Philipps des Guten war nur eine Station der ausgedehnten Westeuroparundreise, die den böhmischen Herrn Leo von Rožmitál in den Jahren 1465–1467 an die bedeutendsten Höfe und Pilgerorte im Reich, in England, Frankreich, auf der Iberischen Halbinsel und in Oberitalien und Österreich führte._2 Die in den Quellen außergewöhnlich gut dokumentierte Unternehmung, die hier nur im Ausschnitt vorgestellt werden kann,_3 ist ein prominentes Beispiel des in der Forschung definierten Typs der spätmittelalterlichen Adelsreise. Diese wird im wesentlichen bestimmt als eine elitäre Form der Mobilität, die im Regelfall ohne wirtschaftliche Notwendigkeit oder fremden Auftrag vonstatten geht, vielmehr, als standesgemäße Abwesenheit, primär dem Erwerb von Ehre und Prestige dient und dabei mit ganz unterschiedlichen Zielsetzungen und Motivationen daherkommt._4 Vor allem ist die Fahrt des Herrn Leo von Rožmitál aber ein spektakulärer und zentraler Beleg für die Reisetätigkeit der Aristokratie des mittelalterlichen Königreichs Böhmen. Zeitliche Faktoren, Qualitäten und Quantitäten, Intentionen und Frequenz dieses Phänomens sind bislang – anders als etwa für Deutschland oder Frankreich – nicht genauer bestimmt worden.

Ziel dieses Beitrags ist es daher, (I) die westeuropäische und die tschechische Forschungslage zu Reisen im späten Mittelalter zu skizzieren, (II) eine grob periodisierende Übersicht über bekannteres und unbekannteres mittelalterliches Quellenmaterial aus Böhmen zu geben und schließlich (III) einige Auswertungsmöglichkeiten vorzustellen und eine Reihe von Forschungsdesideraten zu formulieren. Die vorliegende Studie will also als Versuch eines vermittelnden Forschungsberichts verstanden werden und – neuere Forschungsansätze aufgreifend – zu Detailanalysen als Voraussetzung für eine umfassende Gesamtdarstellung zu Adelsreisen aus Böhmen im Mittelalter ermuntern.

I.

Die mediävistische Reiseforschung hat im westlichen Europa seit Anfang der 1980er Jahre verstärkt Konjunktur, und zwar insbesondere in den Geschichts- wie auch – konzentriert auf die zugehörigen Texte – in den Literaturwissenschaften. Sie ist mittlerweile mehr als eine wissenschaftliche Modeerscheinung, hat sich vielmehr zum anerkannten Forschungsparadigma der Mediävistik entwickelt. Methoden wurden präzisiert und aus dem weiten Forschungsfeld inhaltliche Spezialbereiche abgegrenzt, die das Phänomen des Reisens in seinen unterschiedlichen funktionalen und typologischen Ausprägungen (Pilgerreise, Hofreise, diplomatische Mission, Handelsreise, Studienreise u.a.) zu erfassen und es in seinen sozialen (Fürsten, Herren, Ritter, Kaufleute, Künstler, Studenten…), politischen und mentalitätsgeschichtlichen Kontexten zu verorten suchen. Wesentliche Produkte dieser neueren Reiseforschung sind neben Forschungsberichten,_5 Gattungstypologien zum Reisebericht,_6 kritischen Editionen_7 und Bibliographien zum deutschsprachigen, französischen und niederländischen Raum_8 auch eine Vielzahl von Einzel- und Detailstudien_9 zu unterschiedlichen Reisetypen und mehrere monographische Gesamtdarstellungen._10 Der Bereich der Adelsreisen, der sich selbst wieder in verschiedene Untersuchungsfelder aufgliedert und das soziale Spektrum vom gekrönten Herrscher bis hin zum Ritteradeligen und städtischen Patrizier umfaßt, zählt dabei zu den mittlerweile am meisten beackerten._11

Während sich für den westeuropäischen Raum in den letzten beiden Jahrzehnten ein breites und differenziertes Netz mediävistischer Reiseforschung etabliert hat, führte die unterschiedliche Wissenschaftsentwicklung in den westlichen Ländern und in der früheren Tschechoslowakei dazu, daß die tschechische Mediävistik eigene Methoden und Ansätze nur langsam mit den internationalen verzahnt hat._12 Gleichzeitig besteht, vor allem bedingt durch die Sprachbarriere, im westlichen Europa ein starkes Rezeptionsdefizit bezüglich des tschechischen Quellenmaterials und der Forschungsliteratur. Nicht zuletzt deshalb stellt der vorliegende Beitrag das Gebiet der Reiseforschung stark aus der Perspektive der westeuropäischen Literatur dar; gleichzeitig soll er aber Ansatzpunkte für einen stärkeren und vertieften Austausch zwischen den Forschungslandschaften aufzeigen.

Als in dieser Hinsicht ertragreich erwies sich bereits eine internationale Konferenz im Jahr 1994 in Ústí nad Labem, die sich sowohl aus sprachund literaturwissenschaftlicher als auch aus historischer Perspektive in einer Mittelalter- und Frühneuzeit-Sektion dem Thema Reisen widmete._13 Aus dem Forschungsbericht von J. Pánek_14 wie auch aus den übrigen Tagungsbeiträgen geht allerdings eine starke Konzentration auf frühneuzeitliche Themen hervor, das Mittelalter bleibt insgesamt noch zu wenig beachtet. Zu einem ähnlichen Befund führt auch die Durchsicht der erschienenen älteren und neueren Sammlungen böhmischer Reiseberichte,_15 der Überblicksdarstellungen_16 und Einzelstudien._17 Die folgende, freilich noch sehr unvollständige Zusammenstellung von Beispielen böhmischer Adelsreisender aus dem Mittelalter soll daher als eine vorläufige Bestandsaufnahme dienen und gleichzeitig einen Beitrag zur Überwindung von Rezeptionsbarrieren in der Forschung leisten.

II.

Überblickt man die Jahrhunderte, so kommen jeweils ganz unterschiedliche Quellentypen als Ausgangsbasis für die Erforschung böhmischer Adelsreisen in Betracht. Bestenfalls liegt ein ausführlicher Reisebericht vor, häufiger und vor allem in früherer Zeit jedoch müssen Sachverhalte aus anderem Material rekonstruiert werden, in erster Linie aus chronikalischer Überlieferung, aus Reiserechnungen, Urkunden und Korrespondenzen.

Für das Hochmittelalter und damit die přemyslidische Zeit stellen Chroniken die Hauptquelle dar; die dort greifbaren Belege sind allerdings in der Regel spärlich und geben über die Nennung der Reise hinaus nicht viel weiterführende Informationen. D. Moldanová konnte in einer Studie zum 10.–12. Jahrhundert, die vornehmlich auf einer Auswertung der Chronica Boemorum des Cosmas von Prag sowie urkundlichem Material basiert, zeigen, daß Adlige in dieser Zeit vor allem im Gefolge der Herrscher über weitere Distanzen unterwegs waren. Seit dem zweiten Jahrzehnt des 12. Jahrhundert läßt sich aber bei Cosmas auch die Teilnahme weltlicher Eliten an Pilgerfahrten, insbesondere nach Jerusalem, daneben auch nach Santiago de Compostela und Rom nachweisen, wenn auch böhmische Kleriker wesentlich früher und in größerer Zahl pilgerten._18 Neben Pilgern begaben sich während des 11.–13. Jahrhunderts auch eine Reihe Adliger aus den böhmischen Ländern ins Heilige Land, um sich am Heidenkampf in Rahmen der Kreuzzüge zu beteiligen._19

Noch in přemyslidische Zeit fällt auch die Reise nach ritterschaft des Johann von Michelsberg (Jan z Michalovic), die auf das Ende des 13. Jahrhunderts zu datieren ist und in der sogenannten Dalimil-Chronik Erwähnung findet._20 Johann von Michelsberg, der sich in den Quellen in den Jahren 1283–1306 fassen läßt und als Angehöriger des böhmischen Hochadels im engsten Umfeld König Wenzels II. zu verorten ist, reiste über die Rheinlande nach Paris an den französischen Königshof, wo er sich in einem Turnier bewährte und ihm deshalb große Ehre zuteil wurde._21 Über die genauen Umstände der Reise kann mangels Quellen nur spekuliert werden, möglicherweise war der Ritter auch mit diplomatischen Aufträgen betraut. Bemerkenswert ist aber, daß das Reiseereignis über die historiographische Dokumentation hinaus auch in literarisch-epischer Form verarbeitet wurde. In dem 315 Verse zählenden mittelhochdeutschen gereimten Preisgedicht des Heinrich von Freiberg_22 wird Johann in den Kontext der literarisch-höfischen Heldengestalten gestellt. Der Erzähler schildert im Detail die herausragenden Leistungen im Pariser Turnier und rühmt Johann als niuwe[n] Parzival, der die Ehre seines Königs gemehrt habe: „daz iz wol gezeme / dem edelen künige in Beheimlant, / in des lobe der wigant / were in vremde lant gevarn.“_23

Im 14. Jahrhundert verbreitert sich die Quellenbasis, und auch die Zahl der belegten Reisen scheint insgesamt zuzunehmen. Dies ist in erster Linie bedingt durch die Herrschaft der Luxemburger, die ihren Sitz in Prag nehmen und von dort aus vielfältige vor allem auch diplomatische Beziehungen ins Reich und nach ganz Europa pflegen. Prominentester Exponent der böhmischen Adelsreisenden im 14. Jahrhundert ist sicherlich Wenzel alias Kaiser Karl IV. Seine Reisetätigkeit erschließt sich am deutlichsten aus seiner Selbstbiographie._24 Bereits als Siebenjähriger reiste er an den französischen Königshof in Paris, wo er in den Jahren 1323–1330 erzogen wurde._25 Noch vor seiner Erhebung zum römischen König ging er in Begleitung seines Vaters Johann von Böhmen zweimal, in den Jahren 1337 und 1344–1345, auf Preußenreise, um gegen die heidnischen Litauer zu kämpfen._26 Karl beteiligte sich damit an einer spezifisch adlig geprägten Form der Reise, die über mehr als ein Jahrhundert, etwa von 1320–1420, von der hohen wie niederen europäischen Aristokratie gepflegt wurde. An den beiden genannten Fahrten nahmen weitere böhmische Adlige teil, von denen die vornehmsten, wie etwa Peter von Rosenberg (Petr z Rožmberka), in einigen von König Johann auf der Reise ausgestellten Urkunden erscheinen._27 Peter von Rosenberg war im übrigen bereits 1324 mit seinem Oheim Hermann von Militschin (Herman z Miličín) und zahlreichen Rittern und Knappen gegen die Preußen nach Litauen gezogen und hatte vor der Abreise, wie vor einer derartigen mit großen Gefahren verbundenen Unternehmung üblich, sein Testament gemacht._28

Die Reisen Karls IV. nach seiner Krönung im Jahr 1346 sind freilich zunächst als Teil des königlichen beziehungsweise kaiserlichen Itinerars_29 anzusprechen. Dennoch sollen sie hier als eine spezifische Form der adligen Fernreise hervorgehoben werden. Zu nennen sind insbesondere der erste Italienzug (1354–1355) mit dem Höhepunkt der Kaiserkrönung in Rom, die Reise anläßlich der Krönung zum König von Burgund (1365), der zweite Italienzug (1368–1369) und schließlich die letzte größere Reise, die Karl IV. nach Paris führte (1377–1378). Stets wurde er dabei neben dem Hofpersonal von einem großen Gefolge der böhmischen Aristokratie begleitet._30

Bohumil Baďura konnte, aufbauend auf einer Sichtung von Beständen des Kronarchivs Aragón, zeigen, daß böhmische Adlige und Ritter in den Jahrzehnten um die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert auch verstärkt auf der Iberischen Halbinsel präsent waren._31 Wesentliche Quelle dafür sind die lateinisch und volkssprachlich abgefaßten Schreiben, die die Könige von Aragón für durchreisende Adlige ausstellten. Die Dokumente wurden in unterschiedlicher Form ausgefertigt und bestätigten den Fremden sicheres Geleit und Schutz bei der Reise durch das Territorium. Sehr knapp werden meist auch Ziele oder Motive genannt; sie reichen von der bloßen Nennung des angestrebten Reiseziels_32 über die Fahrt nach Ritterschaft und „touristische“ Beweggründe_33 bis hin zur Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela._34

Zu Pilgerreisen adliger Böhmen ins Heilige Land und zu anderen Fernwallfahrten zur Zeit der Luxemburger fehlt bislang eine Zusammenstellung; jedoch zeigt die Tatsache, daß die Familie der Rosenberger im Jahr 1378 ein Pilgerspital in Rom einrichtete, daß das Phänomen dem böhmischen Adel des 14. Jahrhunderts nicht fremd war und daß Pilgerfahrten nach Rom und von dort auch weiter nach Jerusalem unternommen wurden._35

War die Zeit der Luxemburger geprägt durch regen Austausch nicht zuletzt wegen der Reisetätigkeit der Herrscher selbst, so schränkte sich nach dem Tode Wenzels IV. und mit dem Beginn der Hussitenstürme die Mobilität der böhmischen Aristokratie vorübergehend deutlich ein, wenn sie auch nicht vollständig zum Erliegen kam. J. Pánek spricht von einer „Provinzialisierung“ Böhmens, die „charakteristisch für die Entwicklung der adeligen Reisetätigkeit bis ins erste Drittel des 16. Jahrhundert“ gewesen sei._36 Jedoch zeigt bereits die Überlieferung seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wieder zahlreichere Belege; und sie erhält gleichzeitig eine neue Qualität: Reisen werden zunehmend in eigenen teils nur knappen, teils auch ausführlichen Berichten in deutscher, alttschechischer oder lateinischer Sprache dokumentiert. Eine wichtige zusätzliche Quelle bietet nunmehr auch die zunehmend überlieferte Korrespondenz.

Gerade die Isolation, in die die böhmischen Länder im Zuge der hussitischen Revolution geraten waren, führte zu einer verstärkten diplomatischen Aktivität seitens der böhmischen Könige. Insbesondere der mit der utraquistischen Partei sympathisierende König Georg von Poděbrad entwickelte in Auseinandersetzung mit dem Papsttum eine intensive nach West- und Osteuropa ausgerichtete Bündnispolitik, die mittels zahlreicher Gesandtschaften an die Höfe Europas und an die Kurie auf den Weg gebracht werden sollte.

Zur Durchführung der diplomatischen Missionen der 1460er Jahre, die bislang nur zu einem Teil genauer erfaßt sind, bediente sich König Georg vertrauter Vertreter des böhmischen Hochadels, unter denen an vorderer Stelle die Brüder Zdeněk und Albrecht Kostka von Postupitz (Zdeněk a Albert Kostka z Postupic) zu nennen sind. Als ursprünglich ritterliche Familie waren die Kostka erst von König Georg in den Herrenstand promoviert worden und zur selben Zeit auch zu größerem Besitz gelangt._37 Zdeněk Kostka, Führer der utraquistischen Herren in Böhmen, leitete unter anderen die Gesandtschaft des Jahres 1462 an die Kurie nach Rom, die bei Papst Pius II. um die Bestätigung der sogenannten Kompaktaten, die die freie Religionsausübung der Utraquisten zusicherten, bitten sollten, mit diesem Anliegen aber scheiterte._38 Václav Koranda, Magister an der Prager Universität, hat als Begleiter darüber einen Bericht in tschechischer Sprache verfaßt, der weniger von der Reise selbst, aber sehr detailliert und teilweise protokollartig über die Ereignisse in Rom und die dort geführten Gespräche Aufschluß gibt._39 Aus der Gegenperspektive und knapper beschreibt Pius II. in seinen Commentarii die Anwesenheit Zdeněk Kostkas und der böhmischen Gesandtschaft an der Kurie._40

Die wichtigste Mission des Albrecht Kostka von Postupitz führte diesen an der Spitze einer aus sieben weiteren böhmischen Herren und Rittern und dem Juristen Antonio Marini bestehenden Gesandtschaft im Jahr 1464 an den französischen Königshof. Hintergrund war das Projekt eines europäischen Fürstenbundes, das der böhmische König seit etwa 1462, beraten durch Antonio Marini und andere, an den Höfen in Europa verhandelte._41 Als im Jahr 1464 ein Abschluß des Bündnisses nach Marinis Einschätzung möglich schien, wurde Albrecht Kosta zur Vertragsunterzeichnung mit entsprechenden Vollmachten zum französischen König entsandt, erhielt von Ludwig XI. aber nicht die Zustimmung zum gewünschten Bündnis, sondern konnte lediglich einen bilateralen Vertrag abschließen, der gleichwohl für König Georg einen Erfolg darstellte._42 Im Gefolge Kostkas befand sich der Page Jaroslav, der einen ausführlichen Bericht in alttschechischer Sprache über die einzelnen Reisestationen und die Verhandlungen in Frankreich verfaßt hat._43 Es geht darin nicht nur um die geführten politischen Gespräche, sondern Jaroslav erzählt darüber hinaus auch von festlichen Empfängen, höfischer Vergnügung und ähnlichem mehr. Zudem deutet die Rückreiseroute über Lyon, Genf, Konstanz und Innsbruck darauf hin, daß weitere Ziele verfolgt wurden.

In den größeren Kontext der böhmischen Aktivitäten der 1460er Jahre gehört auch die ganz zu Anfang bereits genannte große Westeuropa- Rundreise des Leo von Rožmitál und Blatná in den Jahren 1465–1467, der als Schwager und Vertrauter des Königs ebenso wie die Brüder Kostka zum engsten Umfeld des Königs zählte._44 Seine Unternehmung ist in Form zweier Parallelberichte von Mitreisenden überliefert: in einem von dem böhmischen Knappen Václav Šašek von Bířkov ursprünglich alttschechisch abgefaßten Text, der heute nur in einer späteren lateinischen Übersetzung aus dem Jahr 1577 greifbar ist, sowie in einer Reisebeschreibung in frühneuhochdeutscher Mundart des Nürnberger Patriziers Gabriel Tetzel._45

Möglicherweise inspiriert durch die Fahrt Leos von Rožmitál und teilweise auf ähnlichen Wegen bewegte sich zwei Jahrzehnte später und damit bereits in der Zeit der Jagiellonenherrschaft in Böhmen ein Schlesier aus dem niederen Adel: der Ritter Nikolaus von Popplau, der in den Jahren 1483–1486 quer durch Westeuropa reiste. Er stammte aus einer seit 1433 in Breslau ansässigen patrizischen Kaufmannsfamilie, war zunächst an der Universität Leipzig immatrikuliert, trat aber bald in die Handelsgesellschaft des Vaters ein, die er bereits1474 wieder verließ. In den 1480er Jahren ist er im Hofdienst Kaiser Friedrichs III. anzutreffen._46 Als Gesandter des Kaisers unternahm er zwei Rußlandreisen (1486–1489) an den Hof Iwans III., die aber nicht näher beschrieben sind. Ausführlich und in deutscher Sprache berichtet Nikolaus von Popplau dagegen über seine große Reise durch das westliche Europa, die ihn von Wien durch Österreich über die Rheinlande, Belgien, die Niederlande, England, Portugal und Spanien nach Frankreich und wieder zurück ins Reich führte. Wichtige Stationen seiner Reise waren einerseits die Herrscher- und Fürstenhöfe, daneben aber auch die großen Pilgerzentren wie Canterbury und Santiago de Compostela. Ähnelt die Fahrt des Nikolaus von Popplau in vielem derjenigen des Hochadligen Leo von Rožmitál, so zeigen sich doch deutliche Differenzen gerade in der Frage der Reisepraxis und der Aufnahme an fremden Höfen, die in erster Linie durch seine niedrigere Herkunft bedingt sind._47 Seine Reisebeschreibung, die formal an den Kaiser adressiert ist, aber wohl für ein größeres Publikum gedacht war, ist nicht im Original, sondern nur in Abschriften aus dem 18. Jahrhundert erhalten._48

Neben großen Fahrten ins westliche Europa sind aus der Jagiellonenzeit auch erstmals umfassend Fernreisen böhmischer Adliger gen Osten und Süden in der Überlieferung dokumentiert. Prominent sind insbesondere die Unternehmungen der Brüder Johann und Bohuslaus Lobkowicz von Hassenstein (Jan a Bohuslav Hasištejnský z Lobkovic) aus der auf Hassenstein ansässigen Linie der Herren von Lobkowicz. Der Humanist Bohuslaus hatte in Bologna und Ferrara kanonisches Recht und antike Geschichte studiert und war 1482 zum Doctor iuris canonici promoviert worden. Nach seiner Rückkehr widmete er sich neben seiner literarischen Tätigkeit der Verwaltung der Familiengüter und stand zeitweise in Diensten König Vladislavs II._49 1490 trat er im Alter von etwa dreißig Jahre eine Reise an, die ihn innerhalb eines Jahres quer durch den Mittelmeerraum führte.

Wahrscheinlich hat Bohuslaus seine Reiseerfahrungen dichterisch in Form eines Hodoeporicons verarbeitet, das aber heute als verloren gilt._50 Aus der lateinischen Korrespondenz, die er mit Gelehrten und politisch einflußreichen Persönlichkeiten in Böhmen und im übrigen Reich führte, läßt sich seine Reise aber in wesentlichen Abschnitten rekonstruieren._51 Ziel der Unternehmung war es, gleichermaßen die in der Bibel beschriebenen heiligen Stätten wie auch die bei den antiken Autoren gefeierten Orte im Mittelmeerraum zu besuchen. So führte ihn der Weg über die Alpen zunächst nach Mailand, Genua und Rom, dann wieder in nördlicher Richtung nach Pisa, Bologna, Padua und schließlich nach Venedig, von wo aus er die Frühjahrspassage ins Heilige Land nahm._52 Anschließend begab er sich – „non contentus enim Iudaea et Hierosolymis“, so vermerkt er ausdrücklich – nach Ägypten und besuchte unter anderem Kairo und die Hafenstadt Alexandria, die er einerseits als geschichtsträchtigen Ort, andererseits als pulsierenden Umschlagplatz für Waren aus aller Welt wahrnahm. Im Hafen habe er ein genuesisches Handelsschiff ausfindig gemacht, das er zu besteigen gedenke und mit dem er zu den Kykladen- Inseln, zum Hellespont, zu den Ruinen Trojas und nach Konstantinopel fahren wolle, berichtet er aus Alexandria._53

Tatsächlich fuhr er mit den genuesischen Händlern Richtung Ägais. Nächste größere Station war nach der Karpatheninsel Patmos das unter der Herrschaft der Genuesen stehende Chios, das, so bemerkt Bohuslaus, außer den Anspruch zu erheben, Geburts- und Begräbnisort Homers zu sein, auch hervorragendes Mastixharz hervorbringe. Von Chios bewegte er sich weiter aufs kleinasische Festland, besuchte unter anderen die Städte Smyrna und Ephesos, um schließlich wieder quer durch die Ägäis zum venezianischen Handelsstützpunkt Modon an der Südwestspitze der Peloponnes zu fahren._54 Im einem Brief, verfaßt auf dem Schiff bei Modon, schildert er den Plan, nach Nordafrika weiterzureisen, um nach Tunis und zu den Ruinen des antiken Karthago zu gelangen; hierauf wolle er nach Modon zurückkehren, den Peloponnes, die antiken Landschaften Attica und Böotia durchwandern und die Ursprungsstätten der „eloquentia“ aufzusuchen, darauf nach Konstantinopel und an den Hellespont weiterfahren und schlußendlich nach Venedig zurückzukehren._55 Wir wissen nicht mit Sicherheit, welche Ziele Bohulaus tatsächlich noch angesteuert hat; jedenfalls meldete er sich im August 1491 wieder aus Venedig:_56 „posteaquam Asia Africaque peragrata Venetias redii […].“_57

Handelte es sich in diesem Falle um eine durchaus unkonventionelle Reise kreuz und quer durchs Mittelmeer, absolvierte der Bruder Johann Lobkowicz von Hassenstein zwei Jahre später eine im wesentlichen als klassisch zu bezeichnende Pilgerfahrt ins Heilige Land; zusammen mit seinem adligen Begleiter aus Böhmen Dietrich von Guttenstein (Jetřich z Gutštejna) befand er sich in der großen Reisegesellschaft, die mit Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen im Frühjahr 1493 zum Heiligen Grab aufbrach._58

Johann Lobkowicz hatte vorher bereits verschiedene diplomatische Gesandtschaften in königlichen Diensten übernommen, so in den 1470er Jahren mit Beneš Libštejnský z Kolovrat nach Luxemburg, um dort über eine mögliche Eheschließung König Vladislavs II. mit Maria von Burgund zu verhandeln (sie vermählte sich dann doch mit Maximilian I.), oder als einer der Leiter der Obödienzgesandtschaft im Juni 1487 an die römische Kurie, wo er die Anerkennung des böhmischen Königstitels für Vladislav durch Papst Innozenz VIII. erreichte._59

Über seine Reise ins Heilige Land hat er einen umfänglichen Bericht verfaßt, der heute nicht mehr im Original, sondern nur noch in einer zeitnahen Abschrift aus dem Jahr 1515 erhalten ist._60 Der Bericht schildert über weite Strecken den üblichen Reiseverlauf: Johann brach am 15. April 1493 von Kadan bei Pilsen auf, erreichte Venedig Anfang Mai und schloß dort mit dem Schiffspatron Agostino Contarini einen Transportvertrag ab._61 Die Wartezeit bis zur Abfahrt des Schiffs überbrückte er mit Besichtigungen in Venedig. Am 30. Mai ging er an Bord, und die Pilgergruppe lief am 1. Juni aus, nahm die übliche Route über Zadar, Dubrovnik, Korfu, Kreta, Rhodos und Zypern nach Jaffa; von dort ging es auf dem Landweg nach Jerusalem, wo die Pilger am 23. Juli eintrafen. Die Sehenswürdigkeiten in Jerusalem verzeichnet Johann in seinem Bericht nach dem konventionellen Schema der Heiligland-Itinerare mit jeweils zu erwerbenden Ablässen._62 Weitere heilige Stätten wie Bethlehem wurden besucht, der Jordan aber ausgelassen. Schon in den ersten Augusttagen bestieg man in Jaffa wieder das Schiff und erreichte am 28. September die Hafenstadt Poreč in Istrien. Weil Jan nicht auf die Weiterfahrt des Schiffs nach Venedig warten wollte, entschied er sich für eine individuelle Rückkehr und mietete kurzerhand eine kleine Barke, die ihn in die Lagunenstadt bringen sollte. Unterwegs geriet das Boot nach Johanns Schilderung in ein so starkes Unwetter, daß die Passagiere, ernsthaft um ihr Leben fürchtend, eine Wallfahrt zum Schrein der heiligen Madonna von Loreto gelobten, sollten sie gerettet werden._63 Am 30. September kehrte Johann unversehrt nach Venedig zurück.

Sein Bericht, der in vieler Hinsicht anderen derartigen Pilgerberichten ähnlich ist, läßt sich als Kombination aus Schilderungen individueller Erlebnisse und gängiger Heilig-Land-Topographie charakterisieren. Einzelne Passagen wie etwa die Beschreibung der Johanniter-Festung auf Rhodos_64 ragen aus den üblichen Beschreibungen heraus. Interessant wird der Bericht unter anderem auch dadurch, daß Johann während der gesamten Reise stets in sehr engem Kontakt und Gespräch mit dem Patron und Reiseleiter Agostino Contarini stand, daher stets einen „Informationsvorsprung“ hatte und beispielsweise die Verhandlungen des Patrons mit den arabischen Machthabern um das sichere Geleit der Pilger sehr detailliert schildern konnte._65

Während Johann Lobkowicz von Hassenstein einen eigenen Bericht über seine Pilgerfahrt ins Heilige Land verfaßte, nennen andere spätmittelalterliche Reisebeschreibungen auch immer wieder Namen adliger Böhmen als Mitglieder größerer, insbesondere fürstlicher Reisegruppen, ohne daß uns ein individueller Text aus ihrer Hand überliefert ist. Dies betrifft beispielsweise Johann Mirosch von Wachen (Jan Miroš z Vochova),_66 der im Gefolge Herzog Albrechts des Beherzten von Sachen 1476 ins Heilige Land unterwegs war, oder auch zwei schlesische Adlige, Hans Zedlitz von Banckwitz und Christoph von Kottwitz, und einen Böhmen von Adel namens Friedrich „Ißekra“, die sich 1521 in der Reisegesellschaft des Pfalzgrafen Ottheinrich befanden._67

Wenn auch im Rahmen dieses Beitrags nicht umfassend auf die Entwicklung der böhmischen Adelsreisen in der frühen Neuzeit eingegangen werden kann, so soll doch abschließend ein kurzer Ausblick ins 16. Jahrhundert führen. In mehreren Beiträgen hat sich insbesondere Jaroslav Pánek dazu geäußert und eine grundlegende Dynamisierung und „Modernisierung“ in bezug auf das Reisen an der Schwelle zur Neuzeit konstatiert, die in erster Linie mit der Verbesserung der Infrastruktur, aber auch mit politischen Belangen – etwa der integrierenden Wirkung der Habsburgerherrschaft in Böhmen seit 1526 – zusammenhing._68 Eine sprunghafte Zunahme der Reisen sei die Folge gewesen. Jedoch müßten Veränderungen und mögliche Kontinuitäten am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühneuzeit in jedem Fall in detaillierten Studien überprüft werden. Als Vergleichsmaterial heranzuziehen wäre die von Pánek bereits umfassend ausgewertete Überlieferung zur Reise des böhmischen Adels im Jahr 1551 nach Italien,_69 daneben auch die italienische Reise des Jaroslaus von Pernstejn (Jaroslav z Pernštejna) 1559_70 oder die „niderlendische raiss“ des Peter Wok von Rosenberg (Petr Vok z Rožmberka) (1539–1611) in den Jahren 1562–1563 in die Niederlande und nach England, die deutliche Ähnlichkeiten zur Reise Leos von Rožmitál aufweist und über die ein Bericht in deutscher Sprache vorliegt._71 Und schließlich müßten in den Vergleich auch die Berichte über Pilgerfahrten, die Adlige aus Böhmen auch im 16. Jahrhundert unternahmen, einbezogen werden, etwa die tschechische Reisebeschreibung des Oldřich Prefát z Vlkanova (1523–1565), der im Jahr 1546 ins Heilige Land und 1552 nach Santiago de Compostela pilgerte._72

III.

Was ist nun mit dem hier nur ausschnittsweise und unvollständig präsentierten und durchaus heterogenen Material zu böhmischen Adelsreisen anzufangen und welche Erkenntnisse können daraus gezogen werden? Darauf soll abschließend noch in drei thematisch abgegrenzten Bereichen eingegangen werden und damit auf künftige Forschungsmöglichkeiten hingewiesen werden.

In einem ersten Untersuchungsfeld interessiert das Phänomen des Reisens an sich als Teil der mittelalterlichen Kulturgeschichte. Eines der vorrangigen Ziele sollte dabei die Erstellung einer Typologie unter Kriterien wie der sozialen Stellung des Reisenden, der Funktionalität der Reise und der Reisemotive und -intentionen sein._73 Zu berücksichtigen ist dabei, daß sich unterschiedliche Ziele und Motivationen oftmals überschneiden und häufig nicht klar zu abstrahieren sind. Eine weitere wichtige Fragestellung in diesem Zusammenhang betrifft die Reisepraxis. Darunter fallen neben Aspekten der Finanzierung, der Reisewege und der Unterkunft etwa auch die sprachliche Verständigung durch Dolmetscher oder die Geleit- und Empfehlungsschreiben, die der reisende Adlige zu seiner persönlichen Sicherheit mit sich führte, die ihm aber gleichzeitig auch als Dokumentation unterwegs erlangter Ehre dienten._74

Ein zweites hier zu nennendes Untersuchungsfeld betrifft die erhaltenen Reiseberichte, deren Auswertung am Schnittpunkt von Literatur- und Geschichtswissenschaft angesiedelt ist. Struktur und Eigenart der Texte, ihr literarischer Status und die Gattungsfrage stehen hierbei zunächst im Zentrum des Interesses. Der Wechsel von Deskription und Narration,_75 von Erfahrungswissen und literarischer Fiktion sind charakteristische Eigenschaften, die im einzelnen beschrieben werden müssen. Aus welchen Quellen schöpft der Verfasser, in welchem Kontext stehen die Reiseschilderungen? Als Sonderfall zeigt Böhmen im Mittelalter außerdem ein sehr differenziertes Bild von deutschen, alttschechischen und lateinischen Texten.

Neben strukturanalytischen Studien bietet sich vor allem die Methode des Vergleichs an, insbesondere im Falle einer Parallelberichterstattung, wie sie bei Leo von Rožmitál oder Johann Lobkowicz von Hassenstein vorliegt. Der von A. Esch vorgeschlagene Ansatz kann hier als Leitfaden dienen; er erlaubt es unter anderem, unterschiedliche Wahrnehmungen von Reisenden nach sozialen und räumlichen Gesichtspunkten zu differenzieren._76 Überhaupt lassen sich die Reiseberichte als zentrale Zeugnisse spätmittelalterlicher Mentalitäten heranziehen, ein Untersuchungsgebiet, das gerade für den böhmischen Raum noch wenig beschritten wurde. Fragen der Wahrnehmung von Eigenem und Fremdem_77 oder der Entwicklung der „theoretischen Neugierde“_78 als Ausdruck neuzeitlichen Denkens sind nur einige Aspekte, die sich in Reiseberichten manifestieren. Zu fragen ist schließlich auch nach der historischen Funktion der Berichte und ihren Gebrauchskontexten. Angesprochen ist damit der Bereich der Memoria und der Rezeptionsgeschichte der Reiseberichte.

Als drittes und letztes Untersuchungsfeld soll hier die „Reisefolgenforschung“ angesprochen werden, die eng mit der Rezeptionsgeschichte der Texte zusammenhängt, aber auch darüber hinausweist. Es geht hier um die Frage, welche längerfristigen Wirkungen Reisen zeitigen und wie sich Reiseerfahrungen auswirken, in individuell biographischer wie in gesamtgesellschaftlicher Perspektive. Für die Beantwortung derartiger Fragen eignet sich in besonderer Weise das Untersuchungskonzept des „Kulturtransfers“,_79 ein relativ junger kulturwissenschaftlicher Ansatz, der seit Mitte der 1980er Jahre federführend von Michel Espagne und Michael Werner entwickelt wurde. Er lenkt den Blick auf die Prozessualität kultureller Austauschvorgänge und grenzt sich von Ansätzen wie der Rezeptionsästhetik insofern ab, als nicht nur die Übertragung von Texten, sondern auch von materiellen Gütern, Praktiken etc. von einer Ausgangs- in eine Zielkultur betrachtet wird. Dabei wird kultureller Austausch immer als wechselseitiger, dynamischer Prozeß der Transformation verstanden, bei dem kulturelle Objekte bei der Übertragung verändert und angepaßt werden. Der entsprechenden Vermittlerinstanz – im hier diskutierten Kontext also den Reisenden – kommt innerhalb der Untersuchung zentrale Bedeutung als Auslöser und Träger solcher Prozesse zu._80 Im Blick einer derartigen Analyse steht letztlich die übergeordnete Frage nach den europäischen Vernetzungen Böhmens und danach, inwieweit die böhmische Adelskultur im späten Mittelalter derjenigen in Westeuropa glich oder inwieweit sie sich von dieser unterschied._81

Was bleibt also konkret zu tun? Jaroslav Pánek hat auf der Tagung in Ústí nad Labem 1997 einen allgemeinen Katalog von Forschungsdesiderata in bezug auf die Reisetätigkeit der Böhmen in Mittelalter und früher Neuzeit aufgestellt,_82 der hier leicht ergänzt und modifiziert aufgegriffen wird.

Wichtigstes Ziel bleibt nach wie vor die Erfassung von Belegen zu Reisen aus den böhmischen Ländern im Mittelalter, der zugehörigen Literatur und die Erstellung eines Verzeichnisses speziell für den Raum des Königreichs Böhmen._83 Zu diesem Zweck sind Auswertungen des gedruckten chronikalischen und urkundlichen Materials und der älteren Literatur, die sich häufig als Fundgrube erweist, nötig, und durch Studien in den meist noch recht wenig durchforsteten böhmischen Adelsarchiven zu ergänzen. In die Erfassung müssen alle Reisetypen einbezogen werden, insbesondere auch die Fernpilgerfahrten, die bislang nicht ausreichend zur Kenntnis genommen wurden.

In einem zweiten Schritt wären zu überlieferten Reiseberichten kritische Textausgaben und wissenschaftliche Kommentare zu erstellen, die internationalen Gepflogenheiten entsprechen, auch zu bereits gedruckten Texten, die nur in unzuverlässigen Editionen oder in neutschechischer Bearbeitung oder Übersetzung greifbar sind. Derartige Grundlagenforschung bildet die Basis für eine adäquate Analyse und Interpretation in Bohemistik und Geschichtswissenschaft.

Mittels Einzelstudien zu Reisenden und Berichten müßten die Reisen sodann in ihrem historischen Umfeld verortet und weniger isoliert, sondern als Teil der mittelalterlichen adligen Lebenswelt betrachtet werden. Übergreifende typologische Untersuchungen, die die Entwicklung bis in die Neuzeit hin zur Kavalierstour in den Blick nehmen, können sich anschließen. Im europäischen Vergleich wären schließlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Reisetätigkeit und den Reisetypen unter engerer Verzahnung von westeuropäischer und tschechischer Forschung herauszuarbeiten, verbunden mit der Frage nach Integration und Desintegration der böhmischen Länder im spätmittelalterlichen Europa.

POZNÁMKY

_1
Vgl. speziell zum Hofbesuch Leos von Rožmitál in Brüssel: Jutta M. Huesmann: Über einige Aspekte des Aufenthaltes Leos von Rožmital am Hof Philipps des Guten von Burgund (1466). In: Středočeský sborník historický 25 (1999), S. 49–61; M. Alain von Crugten: Un voyageur de Bohčme ŕ la cour de Bourgogne. In: Cahiers Bruxellois 21 (1976), S. 60 –68. Zu den Quellennachweisen siehe Anm. 45.

_2
Neuere Publikationen zu weiteren Einzelaspekten der Reise aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive: Peter Johanek: Und thet meinem herrn gar gross eer. Die rittersreis des Lev von Rožmital. In: Nine Miedema–Rudolf Suntrup (Hg.), Literatur – Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävistischen Literaturwissenschaft. Festschrift für Volker Honemann zum 60. Geburtstag. Frankfurt am M. u.a. 2003, S. 455–480; Françoise Michaud-Frčjaville: Le voyage du seigneur Léon de Rozmital en Occident, un apprentissage? In: Voyages et voyageurs au Moyen Âge. XXVIe Congres de la S.H.M.E.S. Limoges-Aubazine, mai 1995 (Histoire Ancienne et Médiévale, 39). Paris 1996, S. 31–52; Florence Colette: Le voyage en Europe du seigneur Léon de Rosmital en l’an 1466. In: Bernard Gicquel – Denise Péricard-Méa (Hg.), Les chemins de Saint-Jacques et la culture européenne (Campus stellae: revue annuelle, 1). Paris 1991, S. 86–100. – Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive: Michael Stolz: Die Fahrt des Leo von Rožmital 1465–1467. Eine Studie zu Form und Inhalt spätmittelalterlicher Reisebeschreibung. In: Compostellanum 33 (1988), S. 327–362; ders.: Die Reise des Leo von Rožmital. Wandlungen der Pilgeridee in einem deutschen Bericht des Spätmittelalters. In: Klaus Herbers (Hg.), Deutsche Jakobspilger und ihre Berichte (Jakobus-Studien, 1). Tübingen 1988, S. 97–121; Václav Bok–Viktor Viktora: Gestaltungsprinzipien in den Reiseberichten von Gabriel Tetzel und Václav Šašek von Bířkov. In: Hans-Bernd Harder–Hans Rothe (Hg.), Studien zum Humanismus in den böhmischen Ländern, Teil III: Die Bedeutung der humanistischen Topographien und Reisebeschreibungen in der Kultur der böhmischen Länder bis zur Zeit Balbíns (Schriften des Komitees der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der Slawischen Studien, 17). Köln u.a. 1993, S. 183–198.

_3
Eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Reise Leos von Rožmitál samt einer kommentierten Neuedition der Berichte von Gabriel Tetzel und Václav Šašek von Bířkov bereitet der Autor als Dissertationsschrift vor, die im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs 516 „Kulturtransfer im europäischen Mittelalter“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg bei Prof. Dr. Klaus Herbers entsteht.

_4
Grundlegend zur Adelsreise im Spätmittelalter: Werner Paravicini: Von der Heidenfahrt zur Kavalierstour. Über Motive und Formen adligen Reisens im späten Mittelalter. In: Horst Brunner–Norbert Richard Wolf (Hg.), Wissensliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Bedingungen, Typen, Publikum, Sprache (Wissensliteratur im Mittelalter, 13). Wiesbaden 1993, S. 91–130; vgl. auch die in Anm. 11 genannte Literatur.

_5
Aus germanistischer Sicht: Peter J. Brenner: Der Reisebericht in der deutschen Literatur. Ein Forschungsüberblick als Vorstudie zu einer Gattungsgeschichte (Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Sonderheft 2), Tübingen 1990. – Eine erste Bilanz aus historischer Perspektive zieht bereits: Peter Moraw: Reisen im europäischen Spätmittelalter im Licht der neueren historischen Forschung. In: Xenja von Ertzdorff–Dieter Neukirch (Hg.), Reisen und Reiseliteratur im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit (Chloe. Beihefte zum Daphnis, 13). Amsterdam–Atlanta 1992, S. 113–136; vgl. daneben: Folker Reichert: Reisen und Kulturbegegnung als Gegenstand der modernen Mediävistik. In: Hans-Werner Goetz (Hg.), Die Aktualität des Mittelalters (Herausforderungen. Historisch-politische Analysen, 10). Bochum 2000, S. 231–254.

_6
Grundlegend zum Reisebericht in der Germanistik: Peter J. Brenner (Hg.): Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur. Frankfurt a. M. 1989 (mit mediävistischen Beiträgen). Zum Reisebericht als historische Quelle: Jean Richard: Les récits de voyages et de pelerinages (Typologie des sources du Moyen Âge occidental, 38). Turnhout 1981.

_7
Aus der altgermanistischen Forschung z. B.: Die „Reise ins gelobte Land“ Hans Tuchers des Älteren (1479 –1480). Untersuchungen zur Überlieferung und kritische Edition eines spätmittelalterlichen Reiseberichts. Hg. von Randall Herz (Wissensliteratur im Mittelalter, 38). Wiesbaden 2002. – Aus der aktuellen historischen Forschung z. B.: Die Reise des Pfalzgrafen Ottheinrich zum Heiligen Land 1521. Hg. von Folker Reichert (Neuburger Kollektaneenblatt, Jahrbuch 153). Regensburg 2005; Wilhelm Tzewers, Itinerarius terre sancte. Einleitung, Edition, Kommentar und Übersetzung. Hg. von Gritje Hartmann (Anhandlungen des deutschen Palästinavereins, 33). Wiesbaden 2004. – Zur Zeit laufende Editionsprojekte u.a.: Bericht des Nürnberger Arztes und Humanisten Hieronymus Münzer über seine Westeuropareise 1494–1495 (Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Universität Erlangen-Nürnberg, Prof. Dr. Klaus Herbers); Reisebeschreibung des Kölners Arnold von Harff über seine Pilgerfahrt 1496–1499 (Lehrstuhl für deutsche Literatur des Mittelalters der Universität Münster, Prof. Dr. Volker Honemann); Reise des Leo von Rožmitál 1465–1467 (vgl. Anm. 3).

_8
Werner Paravicini (Hg.): Europäische Reiseberichte des späten Mittelalters. Eine analytische Bibliographie, Bd. 1: Deutsche Reiseberichte, bearb. von Christian Halm, 2. durchges. u. erg. Aufl.; Bd. 2: Französische Reiseberichte, bearb. von Jörg Wettlaufer in Zusammenarbeit mit Jacques Paviot; Bd. 3: Niederländische Reiseberichte, nach Vorarbeiten von Detlev Kraack bearb. von Jan Hirschbiegel (Kieler Werkstücke, Reihe D: Beiträge zur europäischen Geschichte des späten Mittelalters, 5, 12, 14). Frankfurt a. M. u.a. 2001, 1999, 2000. Nützlich ist auch die Zusammenstellung der Pilgerfahrten nach Jerusalem und Santiago de Compostela von: Ursula Ganz-Blättler: Andacht und Abenteuer. Berichte europäischer Jerusalem- und Santiago-Pilger (1320–1520) (Jakobus- Studien, 4). 2., durchges. Aufl. Tübingen 1991.

_9
Aus der Fülle der Studien können hier nur einige ausgewählte Beispiele genannt werden; zur Adelsreise: Werner Paravicini: Georg von Ehingens Reise vollendet. In: Jacques Paviot–Jacques Verger (Hg.), Guerre, pouvoir et noblesse au Moyen Âge. Mélanges en l’honneur de Philippe Contamine (Cultures et Civilisations Médiévales, 22). Paris 2000, S. 547–588; Andreas Ranft: Spätmittelalterlicher Hof und adliges Reisen. In: Klaus Herbers-Nikolas Jaspert (Hg.), „Das kommt mir spanisch vor“. Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters (Geschichte und Kultur der Iberischen Welt, 1). Münster–Berlin 2004, S. 291–311; zur Pilgerfahrt: Klaus Herbers: Felix Fabris „Sionpilgrin“ – Reiseschilderung und ältester Kirchenführer Ulms. Ein Beitrag der Reichsstadt Ulm zur Pilgerliteratur des 15. Jahrhunderts. In: ders. (Hg.), Die oberdeutschen Reichsstädte und ihre Heiligenkulte (Jakobus-Studien, 16). Tübingen 2005, S. 195–215.

_10
Norbert Ohler: Reisen im Mittelalter. 4. überab. und erw. Aufl., Düsseldorf–Zürich 2004 (1. Aufl. 1986; mittlerweile übersetzt ins Englische, Italienische, Japanische und Polnische); Folker Reichert: Erfahrung der Welt. Reisen und Kulturbegegnung im späten Mittelalter. Stuttgart–Berlin–Köln 2001;Margaret Labarge: Medieval Travellers. The Rich and the Restless. London 1982.

_11
Einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu Adelsreisen bietet der Band: Rainer Babel–Werner Paravicini (Hg.): Grand Tour. Adeliges Reisen und europäische Kultur vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. Akten der internationalen Kolloquien in der Villa Vigoni 1999 und im Deutschen Historischen Institut Paris 2000 (Beihefte der Francia, 60). Ostfildern 2005.

_12
Vgl. František Šmahel–Josef Žemlička: Die tschechische Mediävistik 1990 – 2002. In: František Šmahel–Robert Novotný–Pavel Soukup (Hg.), Tschechische Mittelalterforschung 1990 –2002. Prag 2003, S. 11–66, hier S. 13.

_13
Gemäß der thematischen Zweiteilung der Tagung sind die Beiträge in zwei Bänden veröffentlicht: Dobrava Moldanová u.a. (Hg.): Cesty a cestování v jazyce a literatuře. Sborník příspěvků z konference konané 6.–8. 9. 1994 (Acta Universitatis Purkynianae. Studia litteraria et linguistica, 11). Ústí nad Labem 1995; Lenka Bobková–Michaela Neudertová (Hg.): Cesty a cestování v životě společnosti/ Reisen im Leben der Gesellschaft. Sborník příspěvků z konference konané 6.–8. září 1994 v Ústí nad Labem (Acta Universitatis Purkynianae. Philosophica et historica. Studia historica II, 1995). Ústí nad Labem 1997 (zweisprachig tschechisch-deutsch).

_14
Jaroslav Pánek: Cestování jako modernizační činitel středověké a raně novověké společnosti (Problémy a úkoly českého výzkumu)/ Das Reisen als ein Modernisierungsfaktor der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaft (Probleme und Aufgaben der tschechischen Forschung). In: Bobková–Neudertová (wie Anm. 13), S. 9–22.

_15
Textausgaben ohne wissenschaftlichen Kommentar: Cesty do Svaté země. Ze starých českých cestopisů. Hg. von Josef Dostál, Prag 1948; Jak staří Čechové poznávali svět. Hg. von Zdeňka Tichá, Prag 1985.

_16
Überblicksdarstellungen (teilweise mit Textauszügen): Josef Kunský: Čeští cestovatelé. Bd. 1 [weitere Bände nicht erschienen], Prag 1961 (Kurzdarstellungen prominenter Reisen des 13.–19. Jh.); Otto Janka: Příběhy českých cestovatelů zapomenutých i nezapomenutelných. Třebíč 2001 (Kurzdarstellungen zu Reisen des 13.–20. Jh.). Für das Mittelalter kaum ergiebig ist auch das biographische Lexikon zu Reisenden aus Böhmen: Jiří Martínek–Miloslav Martínek: Kdo byl kdo – naši cestovatelé a geografové. Prag 1998. Auch der grundlegende neuere Überblick von J. Pánek und M. Polívka bringt eher wenig Detailliertes zum Mittelalter, sondern hebt vor allem auf den Entwicklungsschub der böhmischen Adelsreisen in der frühen Neuzeit ab: Jaroslav Pánek–Miloslav Polívka: Die böhmischen Adelsreisen und ihr Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit. In: Babel–Paravicini (wie Anm. 11), S. 53–69.

_17
Hervorzuheben sind insbesondere die Arbeiten von: Jaroslav Pánek: Reisende aus Böhmen im Europa der Renaissance. Reisen als kultureller Faktor und als Katalysator der politischen Integration. In: Bohemia 32 (1991), S. 338–367 (mit Nennung weiterer Literatur); speziell zu Italien als Reiseziel vgl.: Jaroslav Pánek: L’Italia metá dei viaggiatori cechi del Rinascimento. In: Sante Graciotti (Hg.), Italia e Boemia nella cornice del Rinascimento. Florenz 1999, S. 333–352.

_18
Marie Bláhová: Možnosti a formy cestování ve středověkých Čechách a jejich odraz v soudobé historiografii. In: Bobková–Neudertová (wie Anm. 13), S. 39–53, hier S. 43–45 (hier auch detaillierte Angaben zu den Quellen).

_19
Vgl. Wojciech Iwańczak: Udział Czechów w krucjatach do Ziemi Świętej, in: Halina Manikowska–Hanna Zaremska (Hg.),Peregrinationes. Pielgrzymki w kulturze dawnej Europy (Colloquia Mediaevalia Varsoviensia, 2). Warschau 1995, S. 118–125.

_20
Nejstarší česká rýmovaná kronika tak řečeného Dalimila. Hg. von Jiří Danhelka und Bohuslav Havránek. Prag 1957, S. 155: „Tehdy pan Jan z Michalovic kole po Ryno, až do Pařiže jide, tu ctně a právě kláv, túž cěstú se čstí do Čech i přijide.“

_21
Zur Person, zur historischen Verortung und zu Datierungsfragen vgl.: Wojciech Iwańczak: ‚With honour and without any loss‘ – Jan of Michalovice’s knightly expedition to Paris. In: Fasciculi Archaeologiae Historicae 8 (1995), S. 47–53.

_22
Betrachtung des Textes aus literaturwissenschaftlicher Perspektive – Hans-Joachim Behr: Ein „niuwer Parzival“ in Paris. Artusidealität und ritterliche Selbstdarstellung in der „Ritterfahrt Johanns von Michelsberg“. In: Dominique Fliegler–Václav Bok (Hg.), Deutsche Literatur des Mittelalters in Böhmen und über Böhmen. Vorträge der internationalen Tagung in České Budějovice, 8. bis 11. September 1999, Wien 2001, S. 63–80; Diether Krywalski: Er rittert für Böhmen. Heinrich von Freiberg: Die Ritterfahrt des Johann von Michelsberg. In: Sudetenland. Europäische Kulturzeitschrift. Böhmen, Mähren, Schlesien 44 (2002), S. 258–272.

_23
Heinrich von Freiberg (Dichtungen). Mit Einleitungen über Stil, Sprache, Metrik, Quellen und die Persönlichkeit des Dichters. Hg. von Alois Bernt, Halle 1906 (ND Hildesheim/New York 1978), S. 244, V. 178 bzw. S. 241, V. 70–73.

_24
Vita Caroli Quarti/Die Autobiographie Karls IV. Hg. von Eugen Hillebrand, Stuttgart 1979.

_25
Ebd., S. 82–87.

_26
Ebd., S. 132f. (1337): „Demum eadem hieme ivimus cum patre nostro versus Prussiam contra Litwanos. Fueruntque nobiscum ibidem comites Wilhelmus iuvenis de Holandia, de Montibus, iuvenis de Lo et quam plures alii comites et barones“ bzw. S. 182–185 (1344–1345); vgl. dazu: Werner Paravicini: Die Preußenreisen des europäischen Adels, Teil 1 (Beihefte der Francia, 17/1). Sigmaringen 1989, insbes. S. 79f.

_27
Paravicini: Preußenreisen (wie Anm. 26), S. 80 Anm. 282. W. Paravicini hat den böhmischen Raum als Herkunftsland von Preußenfahrern nicht eigens in seine Untersuchung einbezogen; dennoch zeigen schon Erwähnungen in ausgewerteten holländisch-hennegauischen Reiserechnungen, daß immer wieder auch böhmische Adlige an den Zügen beteiligt waren (ebd., S. 59).

_28
Valentin Schmidt: Testament Peters v. Rosenberg vor seinem Zuge gegen die Preußen 1324. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 47 (1909), S. 62–65.

_29
Vgl. Ellen Widder: Itinerar und Politik. Studien zur Reiseherrschaft Karls IV. südlich der Alpen (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters, 10). Köln u.a. 1993.

_30
Die adligen Begleiter Karls IV., unter denen Mitglieder der einflußreichsten Familien wie Rosenberg, Sternberg, Wartenberg, Hasenburg und Schwamberg waren, finden sich aufgeführt bei: Ferdinand Tadra: Kulturní styky Čech s cizinou až do válek husitských (Spisův poctěných jubilejní cenou král. české společnosti náuk v Praze, 7). Prag 1897, S. 92f. (für 1354–1355), S. 96f. (1365), S. 100 (für 1368–1369) und S. 191 (für 1377–1378).

_31
Bohumil Baďura: Styky mezi českým královstvím a španělskem ve středověku. In: Táborský archiv 7 (1995/1996), S. 5–87; vgl. insbes. die im Anhang beigefügten Dokumente.

_32
So etwa das Reiseziel Granada im Brief Ferdinands I. von Aragón vom 15. Feb. 1415 für Václav z Donín (Baďura: Styky, S. 75, Nr. XVII).

_33
Vgl. das Geleitschreiben Ferdinands I. für Ludvík II. z Břehu vom 16. Mai 1415, in dem es heißt, der Reisende wolle, „ut strenuus milicie et honestatis actus exerceat, […] orbis ambitum perlustrare“ (zit. nach: Baďura: Styky, S. 80, Nr. XXIII).

_34
Vgl. etwa das Schreiben Martins I. von Aragón an Heinrich III. von Kastilien, das am 4. Okt. 1399 für „el noble e devoto nuestro Benessisio de Duba“ [Beneš z Dubé, d.V.] ausgestellt wurde, der, „movido de gran devocion, […] vaya de present a Sant Hiago por ganar los santos perdones“ (zit. nach: Baďura: Styky, S. 71, Nr. XIII).

_35
Zum Rosenbergischen Hospiz in Rom vgl. Mathias Pangerl: Zur Geschichte des böhmischen Hospitals in Rom, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 12 (1874), S. 205–212; František Mareš: Český hospic v Římě. In: Časopis Musea Kralovství českého 64 (1890), S. 65–100.

_36
Polívka–Pánek (wie Anm. 16), S. 58.

_37
Vgl. dazu Frederick G. Heymann: George of Bohemia. King of Heretics. Princeton 1965, S. 236 u. 505.

_38
Zur Gesandtschaft, der außerdem der Katholik und königliche Kanzler Prokop von Rabstein und zwei utraquistische Kleriker angehörten, und zu den Hintergründen vgl. ebd., S. 262–279.

_39
Kritische Edition des Berichts von Václav Koranda in: Staré letopisy české z rukopisu křižovnického. Hg. von František Šimek und Miloslav Kaňák, Prag 1959, S. 232–271.

_40
Pii II Commentarii rervm memorabilivm qve temporibvs svis contigervnt. Hg. von Adrian van Heck, Bd. 1 (Studi e Testi, 312), Vatikanstadt 1984, S. 458–460.

_41
Zum Fürstenbundprojekt vgl. Václav Vaněček–Jiří Kejř (Hg.): Všeobecná mírová organizace podle návrhu českého krále Jiřího z let 1462–1464, Prag 1964. (engl. Ausgabe: The Universal Peace Organization of King George of Bohemia. A Fifteenth Century Plan for World Peace 1462–1464, Prag 1964); Vaněček, Václav (Hg.): Cultus Pacis. Études et documents du „Symposium Pragense Cultus Pacis 1464–1964“. Prag 1966.

_42
Die diplomatische Mission des Jahres 1464 und ihre Hintergründe bespricht ausführlich: Heymann (wie Anm. 37), S. 366–372; vgl. dazu auch Josef Macek: Le mouvement conciliaire, Louis XI et Georges de Poděbrady (en particulier dans la période 1466–1468). In: Historica XV (1967), S. 5–63, insbes. S. 28–32.

_43
Das Tagebuch ist ediert in: Ve službách Jiříka krále. Deníky panoše Jaroslava a Václava Šaška z Bířkova. Hg. von Rudolf Urbánek. Prag 1940, S. 1–30; englische Übersetzung: Albert H. Wratislaw: Diary of an Embassy from King George of Bohemia to King Louis XI of France in the Year of Grace 1464. London 1871. Zum Autor Jaroslav vgl.: Vladimír Forst (Hg.): Lexikon české literatury. Bd. 2, Prag 1993, S. 469f. (mit weiterer Literatur).

_44
Zur wichtigsten bisher erschienenen Literatur siehe Anm. 1 und 2. Zur Person Leos von Rožmitál, zu den Zielen seiner Reise und zur Einordnung in den historischen Kontext vgl. zukünftig die in Vorbereitung befindliche Dissertationsschrift des Verfassers.

_45
Der Editionsstand der Berichte ist disparat; für den Text von Gabriel Tetzel ist nach wie vor zurückzugreifen auf: Des böhmischen Herrn Leo’s von Rožmital Ritter-, Hof-und Pilger-Reise durch die Abendlande 1465–1467. Beschrieben von zweien seiner Begleiter. Hg. von Johann Andreas Schmeller (Bibliothek des litterarischen Vereins in Stuttgart, 7). Stuttgart 1844, S. 145–196 (die Ausgabe enthält auch eine mittlerweile veraltete Edition des Šašek-Berichts, S. 1–142). Bislang maßgebliche, aber in Teilen unvollständige Ausgabe der lateinischen Übersetzung des Texts von Václav Šašek von Bířkov: Commentarius brevis et iucundus itineris atque peregrinationis, pietatis et religionis causa susceptae ab Illustri et Magnifico Domino, Domino Leone, libero barone de Rosmital et Blatna. Hg. von Karel Hrdina, Prag 1951. – Übersetzungen der Berichte ins Neutschechische (ohne Kommentar): Gabriel Tetzel, Cestovní deník Lva z Rožmitálu a na Blatné 1465–1467. Hg. von Lenka Líbalová. Olmütz 2003 bzw. Václav Šašek z Bířkova, Deník o jízdě a putování pana Lva z Rožmitálu a z Blatné z Čech až na konec světa. Hg. von Bohumil Mathesius und Bohumil Ryba. Prag 1974; Übersetzung ins Englische: The Travels of Leo of Rozmital through Germany, Flanders, England, France, Spain, Portugal and Italy 1465–1467. Hg. von Malcolm Letts (Works issued by the Hakluyt Society, 2nd series, 108). Cambridge 1957.

_46
Zur Person des Nikolaus von Popplau vgl.: Klaus Herbers: Popplau. In: Neue Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 20. Berlin 2001, S. 629f.

_47
Zur historischen Untersuchung der Reise vgl.: Werner Paravicini: L’Étranger ŕ la cour. Nicolas de Popplau en voyage ŕ travers l’Europe (1483–1486). In: Pierre Monnet (Hg.), L’Étranger au Moyen Âge. XXXeme Congres de la S.H.M.E.P. (Göttingen, juin 1999). Paris 2000, S. 11–25 (ohne Anmerkungen); deutsche Version des Beitrags: Ders.: Der Fremde am Hof. Nikolaus von Popplau auf Europareise 1483–1486. In: Thomas Zotz (Hg.), Fürstenhöfe und ihre Außenwelt. Aspekte gesellschaftlicher und kultureller Identität im deutschen Spätmittelalter (Identitäten und Alteritäten, 16). Würzburg 2004, S. 291–337.

_48
Eine neuere Edition liegt vor mit: Reisebeschreibung Niclas von Popplau, Ritters, bürtig von Breslau. Nach der Kopie v. J. 1712, hg. von Piotr Radzikowski (Prace Instytutu Historii Wyższej Szkoły Pedagogicznej w Kielcach, 8). Krakau 1998; Übersetzung ins Polnische: Opisanie podróży Mikołaja von Popplau rycerza rodem z Wrocławia, hg. von Piotr Radzikowski, Krakau 1996.

_49
Zu Biographie und Werk siehe Antonín Truhlář–Karel Hrdina (Hg.): Rukověť humanistického básnictví v Čechách a na Moravě. Bd. 3. Prag 1969, S. 170 –230; Vladimír Forst (Hg.): Lexikon české literatury. Bd. 2, Prag 1993, S. 82–84 (mit weiterer Literatur).

_50
Die Annahme in der älteren Literaturgeschichtsschreibung wie auch in der neueren Forschung, es habe ein solches Werk gegeben, beruht auf der Erwähnung in einem Brief des humanistischen Dichters und Prager Buchhändlers Thomas Mitis (1523–1591), der in den Jahren 1562–1570 erstmals Bohuslaus’ gesammelte Werke im Druck herausgab. In dem betreffenden Schreiben vom 25. April 1570 aus Prag an den deutschen Humanisten Georg Fabricius sagt Mitis, er erwarte aus Kadaň, Sitz der Familie Lobkowicz von Hassenstein, „[…] Bohuslai Hasistenii Annales nostros una cum Hodoeporico suae peregrinationis […]“ (zit. nach: Spisy Bohuslava Hasišteinského z Lobkovic. Svazek I: Spisy prosaické. Hg. von Bohumil Ryba [Sbírka pramenů ku poznání literárního života československého, III, 26/I], Prag 1933, Seit 21); allerdings sind aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen weder die genannten Annales noch das Hodoeporicon jemals gedruckt erschienen. Zu Thomas Mitis (Tomáš Mitis z Limuz) vgl.: Vladimír Forst (Hg.), Lexikon české literatury. Bd. 3, Prag 2000, S. 290f.

_51
Bohvslai Hassensteinii a Lobkowicz Epistvlae. Hg. von Jan Martínek und Dana Martínková, Bd. 2: Epistvlae ad familiares (Bibliotheca scriptorvm Graecorvm et Romanorvm Tevbneriana). Leipzig 1980; unmittelbar auf die Reise beziehen sich die Briefe Nr. 20 –25 (S. 21–26).

_52
Vgl. den Brief vom 16. Mai 1490 aus Venedig, in dem er über Reisepläne spricht, Epistvlae, S. 22 (Nr. 20).

_53
Brief vom 5. Nov. 1490 aus Alexandria, Epistvlae, S. 22f. (Nr. 21).

_54
Vgl. den Brief vom 16. April 1491 aus Modon, Epistvlae, S. 23 (Nr. 22).

_55
Ebd., S. 24 (Nr. 22).

_56
Vgl. den Brief vom 11. Aug. 1491 aus Venedig, Epistvlae, S. 24f. (Nr. 23).

_57
Brief vom 11. Aug. 1491 aus Venedig, Epistvlae, S. 26 (Nr. 25).

_58
Vgl. zur Zusammensetzung der Pilgergruppe und zu Parallelberichten: Paravicini, Bd. 1 (wie Anm. 8), S. 244–247 (Nr. 97).

_59
Zur Biographie siehe: Jaroslav Fencl: Jan Hasištejnský z Lobkovic (Edice Postavy a udalostí, 14). Ústí nad Labem 1982; Vladimír Forst (Hg.): Lexikon české literatury. Bd. 2. Prag 1993, S. 84f. (mit weiterer Literatur).

_60
Jana Hasištejnského z Lobkovic Putování k svatému hrobu: dle rukopisu pražské c. k. universitní knihovny, hg. von Ferdinand Strejček (Sbírka pramenův ku poznání literárního života v Čechách, na Moravě a v Slezsku, II, 4), Praha 1902; neutschechische Übersetzung: Putování k svatému hrobu. Hg. von František Maleček. Prag 1907; knapp inhaltlich zusammengefaßt ist der Reisebericht bei: Svatopluk Souček: A Czech nobleman’s pilgrimage to the Holy Land 1493. In: Journal of Turkish Studies 9 (1984), S. 233–240.

_61
Strejček: Putování (wie Anm. 60), S. 5.

_62
Ebd., S. 58–87.

_63
Ebd., S. 96; ob das Wallfahrts-Gelübde jemals eingelöst wurde, bleibt unklar.

_64
Ebd., S. 37–46.

_65
Ebd., S. 52f.

_66
Reinhold Röhricht–Heinrich Meisner (Hg.): Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande. Berlin 1880, S. 491; zur Reise Herzog Albrechts von Sachsen vgl.: Folker Reichert: Von Dresden nach Jerusalem. Albrecht der Beherzte im Heiligen Land. In: André Thieme (Hg.), Herzog Albrecht der Beherzte (1443–1500). Ein sächsischer Fürst im Reich und in Europa (Quellen und Materialien zur Geschichte der Wettiner, 2). Köln–Weimar–Wien 2002, S. 53–71.

_67
Reise des Pfalzgrafen Ottheinrich (wie Anm. 7), S. 124f.

_68
Vgl. Pánek: Reisende aus Böhmen (wie Anm. 17), und Pánek–Polívka (wie Anm. 16), S. 63f.

_69
Jaroslav Pánek: Výprava české šlechty do Itálie v letech 1551–1552, 2. Aufl., České Budějovice 2003; ders.: The Expedition of the Czech Noblemen to Italy within Period 1551–1552. A Contribution to History of International Relations in the Field of Culture, Politics and Finances in the 16th Century. In: Historica 30 (1990), S. 29–95; ders.: Spedizione della nobiltŕ boema negli anni 1551–1552 e contatti tra le Terre boeme e il Mediterraneo. In: Raffaele Belvederi (Hg.), Rapporti Genova–Mediterraneo–Atlantico nell’eta moderna, Genua 1990, S. 511–525.

_70
Jindřich Růžička: Italská cesta Jaroslava z Pernštejna roku 1559. Příspěvek k otázce vztahu české šlechty a humanismu. In: Sborník prací východočeských archivů 4 (1978), S. 153–185.

_71
J. Pánek: „Die niderlendische raiss“ Peter Wok’s von Rosenberg – eine unbekannte böhmische Reisebeschreibung Rheinlands, der Niederlande und Englands. In: Jiří K. Kroupa (Hg.), Septuaginta Paulo Spunar oblata, Bd. 2, Prag 2000, S. 553–560; eine Edition des Reiseberichts steht noch aus. Zu den böhmischen Reisen nach England beginnend mit Peter Wok von Rosenberg vgl.: Otakar Odložilík: Cesty z Čech a Moravy do Velké Británie 1563–1620. In: Časopis Matice moravské 41 (1935), S. 241–320.

_72
Edition des Berichts über die Heiliglandfahrt: Cesta z Prahy do Benátek a odtud potom po moři až do Palestyny, to jest do krajiny někdy Židovské, země Svaté, do města Jeruzaléma k Božímu hrobu, kteraužto cestu s pomocí Pána Boha všemohúcího šťastně vykonal Voldřich Prefát z Vlkanova léta Páně MDXXXXVI. Hg. von Karel Hrdina, Prag 1947; zum Reisebericht vgl.: Oldřicha Prefáta cesta na východ r. 1546 a význam její. In: Časopis Českého musea 68, 1894, S. 353–378, 518–534; Vladimír Koblížek: Jazyková stránka cestopisu Oldřicha Prefáta z Vlkanova. In: Moldanová (wie Anm. 13), S. 104–108.

_73
Vgl. zu derartigen Kriterien: Werner Paravicini: Der Grand Tour in der europäischen Geschichte. Zusammenfassung. In: Babel–Paravicini (wie Anm. 11), S. 657–674.

_74
Vgl. Werner Paravicini: Fürschrifften und Testimonia. Der Dokumentationskreislauf der spätmittelalterlichen Adelsreise am Beispiel des kastilischen Ritters Alfonso Mudarra, in: Johannes Helmrath–Heribert Müller (Hg.), Studien zum 15. Jahrhundert. Festschrift für Erich Meuthen. Bd. 2. München 1994, S. 903–926.

_75
Vgl. hierzu: Xenia von Ertzdorff: Reisende berichten – Schriftliche Kommunikationsmuster im Wandel. Bergbeschreibungen mit Panoramablick und das „historische Fenster“ in der Landschaft. In: Gerd Fritz–Andreas H. Juncker (Hg.), Kommunikationsformen im Wandel der Zeit. Vom mittelalterlichen Heldenepos zum elektronischen Hypertext (Beiträge zur Dialogforschung, 21) . Tübingen 2000, S. 235–257.

_76
Arnold Esch: Gemeinsames Erlebnis – Individueller Bericht. Vier Parallelberichte aus einer Reisegruppe von Jerusalempilgern 1480. In: Zeitschrift für historische Forschung 11 (1984), S. 385–416.

_77
Vgl. z.B. Friedrich Wolfzettel: Enfer ou paradis: l’altérité de l’Espagne du XVe sičcle vue par Léon de Rozmital et Hieronymus Münzer. In: Alain Labbé u.a. (Hg.), Guerres, voyages et quetes au Moyen Âge (Colloques, congrčs et conférences sur le Moyen Âge, 2). Paris 2000, S. 439–448; Klaus Herbers: „Das kommt mir Spanisch vor.“ Zum Spanienbild von Reisenden aus Nürnberg und dem Reich an der Schwelle zur Neuzeit. In: Klaus Herbers–Nikolas Jaspert (Hg.): „Das kommt mir Spanisch vor.“ Eigenes und Fremdes in den deutsch-spanischen Beziehungen des späten Mittelalters (Geschichte und Kultur der Iberischen Welt, 1). Münster–Berlin 2004, S. 1–30.

_78
Vgl. Hans Blumenberg: Die Legitimität der Neuzeit, Teil 3: Der Prozeß der theoretischen Neugierde, 4. Aufl. Frankfurt a. M. 1988. Auf eine solchermaßen neuzeitliche Perspektive beispielsweise in den Reiseberichten von Gabriel Tetzel und Václav Šašek von Bířkov heben ab: Stolz (wie Anm. 2) und Bok–Viktora (wie Anm. 2).

_79
Das Konzept mit weiterführender Literatur stellt vor: Matthias Midell: Von der Wechselseitigkeit der Kulturen im Austausch. Das Konzept des Kulturtransfers in verschiedenen Forschungskontexten. In: Andrea Langer–Georg Michels (Hg.), Metropolen und Kulturtransfer im 15./16. Jahrhundert: Prag–Krakau–Danzig–Wien (Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Mitteleuropa, 12). Stuttgart 2001, S. 15–51. Zum Transferkonzept forscht seit 1999 auch das an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg angesiedelte Graduiertenkolleg 516 „Kulturtransfer im europäischen Mittelalter“.

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Wesentliche diesbezügliche Fragen und Forschungsaufgaben erörtert: Klaus Herbers: Kulturtransfer durch Reisende? Schlesische und andere Westeuropa-Reisende im 15. Jahrhundert. In: Dietmar Popp–Robert Suckale (Hg.), Die Jagiellonen. Kunst und Kultur einer europäischen Dynastie an der Wende zur Neuzeit. Nürnberg 2002, S. 337–346; auch erschienen in: Urszula Borkowska (Hg.), Peregrinatio ad Veritatem. Studia ofíarowane Profesor Aleksandrze Witkowskiej OSU z okazji 40-lecia pracy naukowej. (Prace Wydziału Historyczno-Filologicznego. Towarzystwo Naukowe Katolickiego Uniwersytetu Lubelskiego, 111). Lublin 2004, S. 97–116.

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Grundlegen dazu: Werner Paravicini: Gab es eine einheitliche Adelskultur Europas im späten Mittelalter? In: Rainer C. Schwinges u.a. (Hg.), Europa im späten Mittelalter. Politik – Gesellschaft – Kultur. (Historische Zeitschrift. Beihefte N.F., 40). München 2006, S. 401–434.

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Pánek: Cestování (wie Anm. 14), S. 14–22.

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Als Vorbild kann das von W. Paravicini herausgegebene bibliographische Verzeichnis (vgl. Anm. 8) dienen, daneben aber auch Studien wie diejenige von Dominik Waßenhoven zu Reisenden aus dem skandinavischen Raum mit umfassendem prosopographischem Verzeichnis: Dominik Waßenhoven: Skandinavier unterwegs in Europa. Untersuchungen zu Mobilität und Kulturtransfer auf prosopographischer Grundlage (Europa im Mittelalter, 8). Berlin 2006.

SUMMARY This research report focuses on the travels of the Bohemian nobility during the later Middle Ages as a central component of medieval aristocratic culture in Europe.

First it gives a short review of important studies by historians and literature specialists published since the 1980s and emphasizes differences in the development of scholarly approaches in western Europe and the Czech Republic, as well as the lack of scholarly exchange, which are the main reasons for the inadequacy of research on the subject to date.

The author then provides examples of Bohemian aristocratic travels dating from the 12th through the 16th century (e.g., pilgrimages, military expeditions, chivalric journeys, scholarly trips) with the corresponding historical source material (chronicles, travel accounts, correspondence). The panorama presented covers the Premyslid era, the reign of the Luxemburgs (esp. Charles IV), the post-Hussite period (Leo of Rožmitál, Zdeněk and Albert Kostka of Postupic) and the Jagellonian era (Nicolas of Popplau, John and Bohuslav Lobkowicz of Hassenstein).

Finally, the author deals with several approaches that promise a fruitful analysis and interpretation of the source material in both literary and historical contexts and points out in particular the necessity of typological studies, research on medieval mentalities, and studies based on the concept of “cultural transfer”. The current report, which is above all meant to stimulate a livelier exchange between western and eastern European scholars, concludes by formulating some desiderata. Studying Bohemian aristocratic traveling may be regarded as a substantial contribution to questions on the integration and non-integration of Bohemia in the culture and society of medieval Europe.